Boris Tiščenko

*  23. März 1939

†  9. Dezember 2010

von Dorothea Redepennig

Essay

Werke der Studienzeit

Tiščenkos kompositorische Begabung muss sich sehr früh gezeigt haben. Die ersten Opera, die er an der Musikfachschule unter Galina Ustvolʼskajas Anleitung und in der Übergangsphase ans Konservatorium verfasste, folgen zwar den klassisch-traditionellen Gattungen (Variationen für Klavier, Rondo für Violine und Klavier, Klaviersonate, Streichquartett), zeigen aber auch einen experimentierfreudigen, vom eigenen Können überzeugten jungen Künstler. So entstanden 1957 Werke wie die sechssätzige Klaviersuite op. 6, Ego-Suite betitelt, und Heureka, eine Wissenschaftliche Forschungssonate für Klavier in sechs Sätzen op. 4, die Tiščenko 1997 der Überarbeitung für wert befand und als 10. Klaviersonate op. 124 erneut in sein Werkverzeichnis aufnahm. Hinter den Satztiteln und -bezeichnungen – I. Gipoteza [Hypothese]. Con moto; II. Utverždenie [Affirmation]. Allegro impotente; III. Razmyšlenie [Überlegung]. Andante; IV. Dokazatelʼstvo [Beweis]. Allegro giocoso; V. Somnenie [Zweifel]. Allegro inquieto und VI. Otricanie [Negation]. Con moto – verbirgt sich die Auseinandersetzung mit der Tradition der Klaviersonate, wobei die kurzen Rahmensätze auf dem gleichen thematischen Material beruhen und die Binnensätze auf den viersätzigen Zyklus mit den entsprechenden Satztypen ebenfalls in ironisierender Weise Bezug nehmen. Die für Tiščenkos ...